Haus Wollin

Wollin,

im nordöstlichen Teil des Kreises Stülp an der Leba gelegen, gehört zu den Stammsitzen der Familie. Genealogisch steht es in engstem Zusammenhang mit Glowitz und Nossin.

Wollin wird in einem Lehnsbrief von 1457 zuerst als Puttkamerscher Besitz genannt, was aber nicht ausschließt, daß es sich in diesem Lehnsbrief nur um die Bestätigung eines - in diesem Fall: wahrscheinlich - bereits vorher bestehenden Besitzverhältnisses handelt.

Wollin wurde dann stets im gleichen Stamme vererbt, seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aber offenbar in besonders ausgeprägter Zerstückelung in Anteile.

Erst Anfang des 18. Jahrhunderts wird Wollin durch den aus erfolgreichen polnischen und russischen Diensten zurückgekehrten Georg Dietrich (dem Bruder des in Polen das "Haus Bolcieniki" begründenden Lorenz; s. Haus Bolcieniki), wieder in einer Hand vereinigt. Offenbar hatte Georg-Dietrich es im fremden Dienst zu größerem Wohlstand gebracht; denn er kaufte bis 1715 alle Anteile Wollins zusammen und errichtete dort einen dem internationalen Geschmack der Zeit entsprechenden Herrensitz, der, von seinem gleichnamigen Sohn noch erweitert und verschönert, zu den repräsentativsten gehörte, die unsere Familie besessen hat.

Außerdem brachte Georg-Dietrich aus Polen den Reichs-Freiherrentitel mit, den seine Nachkommen, ebenso wie die Nachkommen seines in Polen zurück­gebliebenen Bruders (s. Haus Bolcieniki), vom sogenannten "Kurländischen Ast" ohne besondere Verleihung übernahmen. Der Titel wurde auch in Preußen unbeanstandet geführt und schließlich 1882 für die damals lebenden Nachkommen des Georg-Dietrich (s. Häuser Podel, Grumbkow, Jassen, Freudenthai, Wollin) offiziell als Preußischer Freiherrentitel anerkannt.

Zu Wollin kam Ende des 18. Jahrhunderts umfangreicher weiterer Grund besitz, so daß die Söhne des zweiten Georg-Dietrich alle auf eigenem Grund und Boden saßen (Häuser Podel, Grumbkow, Jassen, Freudenthai und Wollin), wobei der Jüngste Wollin erhielt. Seit Begründung des Familienverbandes werden nur die Nachkommen dieses jüngsten Sohnes als "Haus Wollin" bezeichnet, die Nachkommen der älteren Söhne dagegen jeweils mit dem Namen der Besitze, die ihnen um 1800 als Erbe zufielen oder die sie kauften. Wollin selbst sollte nur noch für eine weitere Generation in der Familie bleiben.

Es wurde 1878 wegen einer momentanen Geldkalamität an die Braunschweigs verkauft. Nach dem Urteil kompetenter Nachbarn, die die Wolliner Katastrophe noch miterlebt hatten, erfolgte dieser Verkauf überstürzt und war "ganz unnötig"; der besonders rechtlich denkende Besitzer Frhr. Gustav (1818-1880) hätte wegen einer größeren Geldschuld, in die er durch den Bankerott eines Händlers geraten war, die Nerven verloren. Nicht verkauft wurde der Familienfriedhof. Nach Angaben des letzten Besitzers vor 1945, Herrn v. Braunschweigs, betrug die Größe von Wollin zur Zeit des Verkaufs rd. 1100 ha, davon rd. 500 ha landwirt schaftliche Nutzfläche, 250 ha Wald, 250 ha Wiesen und Weiden.

Wollin heißt heute polnisch: Wolinia.

Materialien: Beim Familienarchiv liegt eine ausführliche Beschreibung von Wollin, insbesondere auch von den kunstgeschichtlich interessanten Haus- und Garten anlagen, aus der Feder des letzten Besitzers Philipp v. Braunschweig. Der Verlust von Wollin bedeutete, ähnlich wie der von Nossin (s. dieses), für die Puttkamersehe Besitzgeschichte einen tiefen Einschnitt. Glücklicher weise ging das Haus Wollin aber doch nicht ganz "ohne Ar und Halm" aus dieser Katastrophe hervor. Der unglückliche letzte Besitzer hatte nämlich bereits seine beiden ältesten Söhne vorsorglich versorgt.

Er kaufte zunächst 1858 das alte Puttkamersehe Lehn Jeseritz, das 1801 vom Haus Granzin-Jeseritz (s. dieses)  veräußert worden war, und dieses befand sich zur Zeit des Verkaufs von Wollin bereits in der Hand des Sohnes. Jeseritz ging, weil dieser keine Söhne hatte, nach dessen Tode an einen jüngeren Bruder über und blieb unter dessen Sohn bis 1945 erhalten. Jeseritz hatte - nach Güteradreßbuch von 1921 - eine Größe von 625 ha, und zwar ganz überwiegend landwirtschaftliche Nutzfläche. Letzter Besitzer von Jeseritz war von 1924-1945 Frhr. Albrecht- Jescow ("" 1905, ermordet auf dem Treck 1945).

Jeseritz heißt heute polnisch: Jezierzyce,

Für seinen zweiten Sohn (es waren Zwillinge) hatte der letzte Wolliner 1875 ein anderes altes Puttkamersches Lehn, Lubben, Kreis Rummelsburg, erworben. Auch dieses war glücklicherweise wohl gleich dem Sohn übereignet worden. Lubben, aus dem Barnower Besitzkomplex stammend, war bereits 1749 verkauft und dann 1796 allodifiziert worden. Nun kehrte es bis zum Ende von 1945 noch einmal in die Familie zurück. Lubben hatte bei seinem Ankauf durch Wollin noch erheblichen Wald. Dieser wurde aber schon vom ersten freiherrlichen Besitzer an den Fiskus verkauft und bildete dann einen Teil des Forstamts Borntuchen. Ob dieser Verkauf in Beziehung zum Banke rott von Wollin stand, konnte nicht mehr festgestellt werden. Die Größe Lubbens betrug 1945 noch 536 ha, davon 391 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Nachdem der letzte männliche Besitzer von Lubben (1908-1939) Frhr. Georg- Jescow als erster Puttkamer des Zweiten Weltkrieges 1939 noch so nah der Heimat, daß er nach Hause überführt werden konnte, gefallen war, war die letzte Besitzerin von Lubben 1939-1945 seine Tochter (Freiin) Marion (~" 1914), seit 1938 verheiratet mit Gustav v. Puttkamer a. Versin.

Lubben heißt heute polnisch: Lubno,

Materialien: Beim Familienarchiv liegt eine ausführliche Beschreibung von Lubben aus der Feder von Gustav a. Versin.

Ein weiterer Sohn des letzten Besitzers von Wollin wanderte als junger Mann nach den USA aus und hat dann selbst in der neuen Welt seine ererbte pommersehe Bodentreue bewiesen. Die kleine, namenlose Obst- und Gemüse farm bei Columbus im Staate Kansas, die er etwa 1880 erwarb, ist noch heute im Besitz seiner 1899 geborenen Tochter Rosa verheiratete Houser. Sie bearbeitet dieses Stückehen Land mit ihrem Ehemann so gut wie ganz allein. Ohne Erwähnung dieses Faktums wäre die Beschreibung unserer Beziehung zum Landbesitz nicht vollständig. Genannt werden müssen aber auch noch zwei weitere deutsche Besitze des Hauses Wollin, die vorübergehend in Puttkamerscher Hand waren, nämlich:

Kunzheim,Kreis Rössel, Ostpreußen, das der Bruder des letzten Besitzers von Wollin 1846 aus der Familie seiner Frau, einer Kurowski, erwarb und 1878 wieder verkaufte, sowie Zartenthin, Insel Wollin, das ein anderer Bruder des letzten Wolliners durch Heirat einer Kusine aus dem Hause Jassen (s. dieses) für etwa 20 Jahre (1880 bis etwa 1900) in das "Haus Wollin" einbrachte. Von dem umfangreichen Besitz des Hauses Wollin waren 1945 nur noch zwei Güter übrig, die eigentlich nicht in dieses Haus gehörten:

Jeseritz und Lubben.